Projekte

Kassel, Museum für Sepulkralkultur - Neue Daueraustellung

Status:
Wettbewerbsbeitrag
Umfang:
Dauerausstellung und Besucherservice, ca. 1.000 m²
Auftraggeber:
Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. Zentralinstitut und Museum für Sepulkralkultur

Entwurf Intro - Charakterauswahl

Projektbeschreibung

Aufgaben

Als Finalisten für den Wettbewerb der Gestaltung der neuen Dauerausstellung hatten wir zwei Aufgaben konzeptionell und gestalterisch zu entwickeln: Den Auftaktraum für den Rundgang der neuen Dauerausstellung und die Präsentation eines konkreten Sammlungsbestands, des Zizenhauser Totentanz, eine Sammlung kleinformatiger Figuren.

Entwurf Intro

Die vergangenen Jahre haben die Museumslandschaft und die museale Rezeption deutlich verändert – digitale Plattformen ermöglichen neue Vermittlungs- und Partizipationsformate. Die Entwicklungen schreitet forciert voran, es gibt kaum ein größeres Museum, das nicht digitale Parallelwelten zur authentischen Sinnlichkeit des Museumserlebnisses schafft.

Auch das Museum für Sepulkralkultur hat innovative Möglichkeiten geschaffen, um mit dem Museum, seinen Sammlungen und Themen im digitalen Raum mit seinen Nutzer:innen zu interagieren, wie z. B. die digitalen Ausstellungen, Ausstellungen in 3D-Formaten, die Entwicklung von Games in Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule Kassel oder der im Rahmen des Projekts Rethink, Rebuild, Restart! entstandene Prototyp einer digitalen, partizipativen Museumsumgebung. Unser Entwurf für das Intro setzt daher diese digital-partizipativen Entwicklungen des Museums für Sepulkralkultur konsequent fort.

Unser Vorschlag verknüpft zu Beginn des Rundgangs in die Dauerausstellung eine digitale Partizipation der Besucher:innen mit einer Präsentation des Museums als Ort der Sammlung und des Diskurses. Er bezieht Sichtweisen, Erwartungen und Emotionen der Besucher:innen auf dieses sensible Thema ein und verknüpft sie mit Objekten und diversifizierten Betrachtungsweisen auf die Themen des Museums. Die Anordnung nimmt über Character auch Perspektiven von Gamification auf, ohne dass es zu einem vordergründigen Spielerlebnis wird.

Im Eingangsraum erhalten die Besucher:innen die Möglichkeit, sich über eine digitale Codierung ihrer Eintrittskarte einen Character als virtuelle Begleitung durch die Ausstellung auszuwählen.

Diese Begleitung spiegelt eine Betrachtungsweise und Motivation des Besuches wider – sei es ein wissenschaftliches Interesse, eine emotionale Gestimmtheit, eine Faszination, eine unbestimmte Neugierde oder der Wunsch nach Zuspruch – es gibt mannigfaltige persönliche Beweggründe für einen Besuch des Museums für Sepulkralkultur, die hier in einer kondensierten Auswahl typischer Gestimmtheiten zusammengefasst sind.

Die Auswahl erfolgt über „personalisierte Stimmungen/ Character“, von denen man sich eine aussucht.

Der Introraum wird zu einem Hub, der Besuch, Ausstellung, Sammlung, Museum und Nacherleben vernetzt und multiperspektivisch agiert.

Mit der individuellen Codierung, die eine spezielle Perspektive vorsieht, können die Besucher:innen im weiteren Rundgang an Terminals in der Ausstellung ihre persönliche Sichtweise innerhalb eines Bereiches durch ein digitales Angebot vertiefen – dies kann der Hinweis auf ein spezielles Objekt sein, ein kurzes Video, ein Statement oder ein Audiotext (z. B. ein politisch unkorrekter Witz der Stand-up-Comedien), oder ein spezieller Sound (z. B. das Fahrgeräusch einer Leichenkutsche). Die Beiträge können international sein, sie können Angebote von Partner:innen/ Institutionen enthalten, sie können neu produziert werden, aber das Museum kann auch auf seine reichen digitalen und medialen Archive und Erfahrungen der letzten Jahre zurückgreifen und diese in die Ausstellung einbinden. Alle Beiträge haben short cut-Format. Diese Auswahl kann nicht nur in der Ausstellung erlebt werden, sondern wird über die Codierung auch gesammelt, sodass sich der Besuch des Museums vor Ort in einem digitalen Nacherleben fortsetzen kann – am heimischen PC oder auf dem Smartphone lässt sich die individuelle Sammlung noch einmal über den Code abrufen

Entwurf Totentanz

Im Beitrag zum Zizenhauser Totentanz widerstanden wir dem Impuls, eine interaktive, gestengesteuerte Medieninstallation zum Thema „Tanz mit dem Tod“ zu implementieren, in der die  Besucher:innen agieren – ein (allzu) naheliegender Gedanke.

Wir fokussieren den Entwurf stattdessen auf eine beispielhafte Präsentation des kulturhistorischen Sammlungsbestands in den Räumen des Neubaus, bei der die Exponate und ihr kulturgeschichtlicher Hintergrund in den Fokus rücken. Die Szenografie unseres Beispiels zeigt, wie in den schmalen, hohen und von vielen Durchbrüchen geprägten Raumgängen Displays und Kontexte vermittelt werden können, ohne dass sie wie eine Aneinanderreihung von Einzelelementen wirken.

Als Grundlage nehmen wir eine farbige Raumschale, die sich dynamisch über Böden und Wände zieht, aber die eigentliche Raumstruktur sichtbar belässt.

Als Auftakt in diesen Bereichen wenden sich zwei  Holzskelette mit Stundenuhr und Bogen wie Türsteher den Besucher:innen zu. Die Bedeutung dieser Figuren und des Motivs des Totentanzes erfahren die Besucher:innen über großformatige Wandtexte, die mit Detail- und Lupenillustrationen den Kontext illustrieren. Weitere Vitrinen- oder Bildobjekte können in die Abwicklung eingefügt werden. Im Zentrum des Raumes steht eine Rundvitrine mit dem Reigen des Totentanzes, eine Sammlung von rund 30 kleinformatiger Duette, in denen der Tod in Form eines Skelettes den Menschen in ihrem letzten Stündlein begegnet und sie tänzelnd an die Hand nimmt. An der Rückseite ist eine Mediencollage von zeitgenössischen (20./21. Jh.) Tanzszenen zu sehen, die sich dem Motiv des danse macabre widmen.